Bergmannsverein General Blumenthal
Presse 2018
Text 1
Vereinsvorsitzender Kurt Tschirch will die Bergmannstradition weiter am Leben erhalten
Nicht nur ehemalige Bergleute marschieren mit, sondern auch deren Kinder. Der Bergmannsverein hat noch keine Nachwuchsprobleme.
Eine Tradition, die bleiben wird
In vielen Bergbauregionen in Deutschland ist der
Barbaratag am 4. Dezember einer der wichtigsten
Termine des Jahres. Bergleute gedenken ihrer Heiligen.
Im.Ruhrgebiet mit Wehmut, denn hier endet der Bergbau
in diesem Jahr.
Leichter Nieselregen setzt ein, während sich die
Mitglieder des Bergmannsvereins General Blumenthal
vor der Propsteikirche St. Peter in der Altstadt von
Recklinghausen aufstellen. In schwarzen Bergmannsuniformen mit Hut, weißen
Handschuhen und Steigerhäckel, der wie eine Art Stock mitgeführt wird, trotzen sie dem
Wetter. Der Fanfarenkorps „König Ludwig" steht ebenfalls vor der Kirche bereit und spielt
schon einige traditionelle Bergbaulieder, darunter natürlich das Steigerlied. Michael Steins,
Schriftführer des Bergmannsvereins, sorgt dafür, dass die Aufstellung der Kumpel
vorangeht. Manche von ihnen tragen die großen Vereinsfahnen über der Schulter, die auf
grünem oder roten Grund die Namen ihrer Vereine und Zechen zeigen. Dann gibt Steins
das Signal. Mit einem lauten „Achtung!" ruft er zur Bergparade. Angeführt vom Musikkorps
setzt sich der Zug mit lautem Getrommel und Flötenspiel in Bewegung.
Die Bergparade gehört zur Tradition rund um den Barbaratag in Recklinghausen.
Ursprünglich wurde sie von der oberschlesischen Landsmannschaft der Region eingeführt.
,,Seit der Jahrtausendwende hat mehr und mehr der Bergmannsverein General Blumenthal
die Organisation übernommen", erzählt Michael Steins.
Wie die hart arbeitenden Bergleute aus dem Ruhrgebiet mit der christlichen Jungfrau und
Märtyrerin Barbara aus Kleinasien zusammenpassen, wird in der Legende über die Heilige
erzählt. Barbara lebte im dritten Jahrhundert und war die Tochter eines wohlhabenden und
angesehenen Kaufmanns oder Beamten aus Nikomedia. Ihr Vater wollte sie verheiraten, am
liebsten mit einem reichen und einflussreichem Mann der zu diesem Zeitpunkt noch
hauptsächlich heidnischen Region. Barbara allerdings, die als klug und schön beschrieben
wird, war in Kontakt mit einer christlichen Gemeinde gekommen und von deren Glauben
fasziniert. Sie lehnte jeglichen Heiratsbewerber ab und nahm den christlichen Glauben an -
entgegen dem Wunsch ihres Vaters. Dieser sperrte sie in einem Turm ein und drohte sie zu
töten, wenn sie ihm nicht gehorche. Barbara blieb aber fest in ihrem Glauben. In den Turm
ließ sie neben den zwei vorhandenen Fenstern ein drittes brechen, um damit die heilige
Dreifaltigkeit zu symbolisieren. Durch einen Felsspalt konnte sie aus ihrem Gefängnis
fliehen und fand Zuflucht in einem Bergbaustollen - die Bergleute nahmen die Jungfrau auf
und versteckten sie. Doch Barbara kehrte eines Tages an die Erdoberfläche zurück, wo sie
gefunden und angeklagt wurde. Nach grausamen Folterungen starb die junge Frau, als ihr
eigener Vater sie schließlich enthauptete.
Gebet unter Tage
Die Märtyrerin, die eine der 14 Nothelfer ist, gilt heute als Schutzheilige vieler Berufe,
darunter eben auch die Bergleute, die einst Barbara beschützt hatten. Im Gegenzug erbaten
später die Bergarbeiter den Schutz der Heiligen bei ihren Grubenfahrten tief unter die Erde.
In vielen Stollen gab es kleine Barbaraschreine,
vor denen die Bergmänner beten konnten,
vor Schlagwetter oder Verschüttung
bewahrt zu werden.
So taten es auch die ehemaligen
Bergmänner, die noch heute mit ihrem
Verein „General Blumenthal" in ihrer
Bergparade an die Heilige erinnern. Der
Zug geht einmal durch die Recklinghauser
Altstadt und über den Weihnachtsmarkt.
Viele Passanten beobachten die
Bergparade neugierig, bleiben stehen und
grüßen die Vorbeiziehenden. Mehrmals ertönt ein freundliches „Glückauf!", der traditionelle
Gruß der Bergleute, während das nun wieder ertönende Steigerlied die Weihnachtslieder
von den Buden kurzzeitig übertönt. Sichtlich stolz blickt der Vereinsvorsitzende Kurt
Tschirch in die Menge der Passanten, die wieder daran erinnern zu scheinen, welche
Tradition ihre Region massiv geprägt hat.
Die Bergparade endet in der Propsteikirche, wo im Anschluss der Gottesdienst zu Ehren der
Heiligen stattfindet. Mit Bergbau- und Adventsliedern und dem Zusammenspiel von Orgel,
der Bergkapelle Auguste Victoria und dem Männergesangsverein Blumenthal/Haard
entsteht eine vorweihnachtliche,n aber auch etwas melancholische Stimmung. Denn Pfarrer
David Formella erinnert in seiner Predigt auch daran, dass die Bergbautradition im
Ruhrgebiet nun endet. Und dass damit für viele Menschen auch ein wichtiger Teil ihres
Lebens entfällt. „Eine Tradition, die den Mensch viel Kraft gegeben hat", erinnert Formella,
der vom Bergmann Hendrik erzählt, der trotz mehrerer Schicksalsschläge nie den Mut
verlor, weil er in der Gemeinschaft seiner Kumpel immer wieder Halt fand.
„Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl, das unter Tage geherrscht hat, gibt es heute im
Berufsleben so kaum noch", bedauert Steins. Dieses Gemeinschaftsgefühl ist es auch,
weshalb Kurt Tschirch und Michal Steins im nächsten Jahr wieder ein Barbbarafest feiern
werden.
Thomas Rekendt
Einfahrtsgebet
Sankt Barbara behüte uns,
die wir in dunklen Stollen
am Kohlenstoß in Staub und
Dunst
das Brot verdienen wollen.
Begleite uns in jeder Schicht,
fahr´ mit uns durch Streben,
steh´ Du uns bei, verlaß´ uns
nicht,
beschirme unser Leben.
Dir ganz allein vertrauen wir,
wend´ von uns die Gefahren,
und kommen wir dereinst zu Dir,
woll´n wir uns um Dich scharen.
Dann singen wir Dir froh zum
Dank
die schönsten
Bergmannsweisen,
mit unserer Stimme hellem Klang
Dich, Barbara, zu preisen.