Bergmannsverein General Blumenthal
Chronik 1997
In der Bundesrepublik Deutschland werden im Berichtsjahr 47,5 Mio t Steinkohle (SKE) gefördert -2,5%
weniger als im Vorjahr. Dagegen hält sich die Kokserzeugung bei der guten Stahlkonjunktur konstant. Die
Ursache für den Rückgang des Steinkohlenabsatzes auf 51,2 Mio t SKE ist somit nicht auf die deutsche
Stahlindustrie zurückzuführen, sondern auf die Lieferungen an die Kraftwerke und den in- und ausländischen
Wärmemarkt. Bis zum Ende des Jahres können die Haldenbestände um 1,1 Mio t SKE auf 10,2 Mio t SKE
abgebaut werden.
Zu Jahresanfang fordert der Chef der Krupp Hoesch Stahl AG ,Gerhard Cromme, die Ruhrkohle AG auf, die
Kokspreise um ein Drittel zu senken, andernfalls werde man billigen Koks aus Polen importieren.
Im Juni verständigt sich die Ruhrkohle AG mit den Stahlkonzernen Thyssen und Krupp Hoesch auf eine
langfristige Liefervereinbarung für Koks und Kokskohle. Nach Auslaufen der Kokerei Prosper in Bottrop denkt
man sogar an den Neubau einer Kokerei am Rhein.
Im Vorfeld der politischen Entscheidung über die künftigen Hilfen für die Steinkohle werben Kumpels in
revierfernen Städten für den Erhalt der deutschen Bergwerke, so in Würzburg und Erfurt. Aber auch im Revier
selbst reißen die Aktionen nicht ab, die hier nicht alle aufgeführt werden können. Dann geht es in die heiße
Phase.
Bereits um den Jahreswechsel nehmen die Pläne der Regierung Gestalt an. Sie sehen eine stufenweise
Kürzung der Beihilfen des Bundes bis zum Jahr 2005 auf 3,8 Milliarden DM vor. Danach sei keine finanzielle
Unterstützung für den Steinkohlenbergbau mehr möglich. Die Bergleute begehren dagegen auf. Sie fürchten um
ihre Arbeitsplätze an Ruhr und Saar und um die wollen sie kämpfen. Die Intensität des am 29. Januar hier in
Recklinghausen beginnenden Arbeitskampfes ist bisher ohne Beispiel: Menschenketten und Demonstrationen
im Revier und in Düsseldorf und schließlich am 10. und 11. März der Marsch auf Bonn.
Am Morgen des 13. März wird das in der vorhergehenden Nacht zwischen der Bundesregierung und den
Vertretern der IGBE - an ihrer Spitze der Vorsitzende Hans Berger - ausgehandelte Ergebnis bekannt:
– Der Steinkohlenbergbau erhält für das laufende Jahr noch 8,91 Milliarden DM an
Absatzhilfe. Bis 2005 soll die staatliche Hilfe für den Kohleabsatz und die Stillegung von
Bergwerken auf 5,5 Milliarden DM reduziert werden.
Das bedeutet:
– Im Steinkohlenbergbau werden von den derzeit noch rund 84.000 Arbeitsplätzen
rund 48.000 sozialverträglich wegfallen,also ohne Entlassungen.
– In diesem und in den nächsten drei Jahren soll von den noch 18 Bergwerken
(einschl.Saarland) jeweils 1 Bergwerk die Förderung einstellen.Die Schließung des
Gelsenkirchener Bergwerks Hugo/Consolidation steht bereits fest.Damit wird in
Gelsenkirchen nach einer 139-jährigen Tradition keine Kohle mehr gefördert.
– In den Jahren von 2001 bis 2005 müssen dann weitere drei bis vier Bergwerke
stillgelegt werden.
Insgesamt erhält der Steinkohlenbergbau bis zum Jahr 2005 noch 69,1 Milliarden DM. Davon aus der Hand des
Bundes 58,5 Milliarden DM und vom Land Nordrhein-Westfalen 9,6 Milliarden DM. Die Unternehmen des
Bergbaus steuern 1 Milliarde DM aus den Gewinnen im "weißen Bereich" bei.
Ab 1998 ist ein Gesamtplafond vorgesehen, aus dem der Einsatz deutscher Steinkohle in der Verstromung, der
Absatz an die Stahlindustrie und die erforderlichen Stillegungsaufwendungen finanziert werden sollen.
Das Verhandlungsergebnis sichert einen langfristig lebens- und leistungsfähigen Bergbau über das Jahr 2005
hinaus. Es bleiben 10 bis 11 Bergwerke mit einer Jahresförderung von etwa 30 Mio t und rd. 36.000
Arbeitsplätzen. Der Zugriff auf die wichtigsten Lagerstätten an Steinkohle in Deutschland bleibt erhalten.
Die Bergleute akzeptiern den Kompromiß und nehmen die Arbeit wieder auf. Im Revier und im Saarland kehrt
Frieden ein.
Zur gleichen Zeit rumort es auch im Stahlbereich. Die Firma Fried. Krupp AG Hoesch-Krupp (Essen) - an ihrer
Spitze der Vorstandsvorsitzende Gerhard Cromme - will den gesamten Thyssen-Konzern (Düsseldorf) in einer
"feindlichen Übernahme" an sich bringen. Wegen des geplanten massiven Stellenabbaus von über 8.000
Arbeitsplätzen gibt es heftige Diskussionen auf höchster Ebene und zahlreiche Demonstrationen der
Stahlarbeiter im Revier. Der Versuch scheitert. Zwei Wochen später kommt es dennoch zu einer Einigung. Der
Hoesch-Krupp-Vorstandsvorsitzende Gerhard Cromme und der Vorsitzende der Thyssen AG vorm. August
Thyssen-Hütte, Dieter Vogel, erarbeiten ein Konzept, das eine Vereinigung der beiden Stahlfirmen vorsieht. Mit
der neu gegründeten "Thyssen Krupp Stahl AG" treten nun beide Konzerne gemeinsam auf dem Markt an. Der
Stahlriese ist mit einer Rohstahlerzeugung von jährlich mehr als 15 Mio t der größte Flachstahlproduzent
Europas. In den kommenden fünf Jahren müssen allerdings von den derzeit 23.600 Arbeitsplätzen etwa 6.600
schrittweise abgebaut werden. Bis zum Ende des Jahres 2001 soll es aber keine betriebsbedingten
Kündigungen geben. Der Standort Dortmund wird die Hauptlast tragen. Dort will man in dieser Frist 1.300
Ersatzarbeitsplätze bereitstellen. Die neue Gesellschaft verspricht, dafür die finanziellen Voraussetzungen zu
schaffen, die sowohl die Restrukturierung als auch die Sozialpläne voll abdecken sollen.
Noch im gleichen Jahr nimmt man die Fusion der beiden deutschen Traditionskonzerne Thyssen und Krupp in
Angriff. Mit dem Beschluß vom 04. November auf Schloß Landsberg in Essen wird einer der zehn größten
deutschen Industriekonzerne geschaffen mit einem Jahresumsatz von etwa 65 Milliarden DM.
Man erwartet durch die im kommenden Jahr zu vollziehende Vollfusion Einsparungen in der Größenordnung von
450 Millionen DM - nicht zuletzt wegen möglicher Straffung im Personalbereich, die auf dem Stahlsektor
bereits vorgegeben ist (s.o.).
Anfang Februar ist die Zahl der Arbeitslosen in der Bundesrepublik Deutschland auf 4.658.000 angestiegen.
Sie erreicht sogar gegen Jahresende den Wert von 4.816.000. Das hat es seit Ende des 2. Weltkrieges nicht
gegeben.
Am 27. März werden auf dem Bergwerk Sophia-Jacoba in Hückelhoven die letzten Kohlen zu Tage gehoben.
Der Stillegungsbeschluß erfolgte bereits Ende 1991. Das Aachener Steinkohlenrevier ist damit
Vergangenheit.
Ende Juni feiert das Bergwerk Ewald in Herten sein 125-jähriges Jubiläum. Es wird das letzte sein, denn nach
den Beschlüssen vom November d.Js. (s.u.) ist im Jahr 2002 mit der Schließung zu rechnen. Zum Festtag aber
gibt es ein großes Programm, an dem Tausende auch aus den Nachbargemeinden teilnehmen.
Der ab dem 01. Juli geltende neue Tarifvertrag sieht nachstehende wesentliche Änderungen vor:
-Fortfall der 7-Stunden-Beschäftigungszeit,
-Erhöhung der Löhne und Gehälter ab 01. Januar 1998 um 0,5%,
-Mehrarbeit an Ruhe-, Sonn- und Feiertagen wird nicht bezahlt, sondern
durch Freizeit ausgeglichen.
Am 06. Oktober schließen sich in Hannover die Industriegewerkschaft Bergbau und Energie (IGBE) und die
Industriegewerkschaft Chemie zur Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie (IGBCE) zusammen.
Vorsitzender wird Hubertus Schmoldt, der bisherige Chef der IG Chemie.
Es ist erklärte Politik der Ruhrkohle AG, die schrumpfende Inlandsförderung durch ein stärkeres
Auslandsgeschäft zu kompensieren. So übernimmt am 01. Oktober die Ruhr-American Coal Corporation
(RACC) in West Virginia zu 80% die Zechengesellschaft Neweagle Industries und die Vermögenswerte der
Mossy Eagle Company. Die RACC ist eine Tochter der RAG EBV, über die die RAG ihre Aktivitäten im
USA-Bergbau steuert. Sie wartet nun mit einer Förderung von 5,2 Mio Jahrestonnen auf.
Auch das RAG-Unternehmen Deutsche Bergbau Technik (DBT) behauptet sich recht gut in den USA. Es
sicherte sich seit Ende des vergangenen Jahres dort die Aufträge für ungefähr 60% aller Strebausrüstungen mit
einem Auftragswert von rd. 200 Mio DM.
Am 10. November steht fest, daß bis zum Jahr 2002 für drei deutsche Steinkohlenbergwerke das "Aus" kommt.
Der RAG-Vorstandsvorsitzende Prof.Dr.e.h. Gerhard Neipp erläutert die Einzelheiten:
– Stillgelegt werden die Bergwerke Westfalen in Ahlen sowie das Bergwerk
Göttelborn/Reden an der Saar im Jahr 2000.
– Die Stillegung des Bergwerks Ewald/Hugo in Herten ist für das Jahr 2002 vorgesehen.
– Bereits im April 1998 sollen die Bergwerke Fürst Leopold/Wulfen in Dorsten und
Westerholt zum Verbundbergwerk Lippe zusammengelegt werden. Die Werksleitung hat
ihren Sitz in Dorsten. Die Förderung wird ab 2001 in Westerholt erfolgen.
– Danach soll die Zusammenlegung der Bergwerke Haus Aden/Monopol in Bergkamen und
Heinrich Robert in Pelkum bei Hamm zum Verbundbergwerk Ost erfolgen.
– Die Zentralwerkstatt König Ludwig in Recklinghausen mit 165 Mitarbeitern wird am 01.
April 1998 geschlossen. Die Stillegung der Zentralwerkstatt Matthias Stinnes in Gladbeck
erfolgt am 01. Januar 1999.
– Über diesen Plan hinaus soll im Jahr 2000 über die Schließung "von ein oder zwei
Bergwerken,voraussichtlich in Nordrhein-Westfalen", entschieden werden.
Damit trägt der Emscher-Lippe-Raum den größten Teil der Maßnahmen zur Anpassung im
Steinkohlenbergbau.
Prof.Dr.e.h. Neipp kündigt ferner die Gründung der Deutschen Steinkohle AG durch den Zusammenschluß der
Ruhrkohle AG, der Saarbergwerke und der Preussag Anthrazit GmbH für den Beginn des Jahres 1998 an.
Um die Option auf den Nordwanderungsbereich Wulfen zu erhalten, ist daran gedacht, die Schächte Wulfen 1/2
an das Marler Bergwerk Auguste Victoria abzugeben.
Für Blumenthal/Haard ist es das schwärzeste Jahr seit der Gründung des Verbundbergwerks. Die
Arbeitsniederlegungen in den ersten Monaten des Jahres im Kampf um die Subventionen und massive
geologische Störungen in zwei Gewinnungsbetrieben führen zu schweren Fördereinbußen. Nachdem in einem
dritten Betrieb auch noch die Schrämwalze für eine längere Zeit ausfällt, fehlen schließlich am Ende des Jahres
rd. 350.000 Tonnen Kohle - ein Zehntel der normalen Jahresförderung. Die Leistung unter Tage sinkt wieder
unter die Marke von 5 tvF/MS, das buchmäßige Ergebnis klettert auf ein Minus von fast 21 DM/tvF.
Im Baufeld Blumenthal ist das Netz der Hauptstrecken im Niveau der 7. Sohle nun merklich reduziert.
Auch Gutes ist zu berichten. Im Streb Flöz Sonnenschein liegt man in den Monaten Oktober und November mit
einem täglichen Abbaufortschritt von 12,63 m bzw.15,96 m an der Spitze aller Betriebe der Ruhrkohle.
Das "dosierte Hobeln" (s. Chronik 1996) wird verstärkt angewendet.
Regelmäßige Wartung der maschinellen Einrichtungen ist wichtig. So richtet man zum Anfang des Jahres ein
sog. "Wartungsfenster" ein. Dies ist ein Zeitraum, in dem keine Produktion und auch kein Streckenvortrieb
stattfinden. Von der Aufbereitung an Schacht 11 aus liegen dann die Wartungsfenster für die nachgeschalteten
Betriebe zeitversetzt bis vor Ort.
Der geplante Kohlenabbau unter dem Quellberg sorgt weiter für Unruhe. Ein auf dem Quellberg wohnender
Rechtsanwalt verklagt das Bergamt Recklinghausen. Bis Januar 1997 sind 11 Widersprüche gegen den Abbau
eingegangen. Davon sind bereits 8 negativ beschieden. Drei werden noch geprüft. Die Bürgerinitiative "Kein
Kohleabbau in Recklinghausen-Ost" ist aktiv und trifft sich am 30. Januar in der "Arche", um sich mit einem
Juristen über Gegenmaßnahmen zu beraten. Bis Ende März hat sich die Anzahl der Widersprüche auf etwa 250
erhöht. Während die Anwohner in Recklinghausen-Ost vor das Verwaltungsgericht ziehen, wächst bei den
Bergleuten die Angst um ihre Arbeitsplätze. Bergwerksdirektor Karl-Hans Gärtner erklärt eindeutig: "Bei
diesem Rechtsstreit geht es um unsere Existenz".
Anfang April laufen zwei Prozesse. Im Juli sind es schon acht. Die Bürgerinitiative gründet einen
Rechtshilfe-Fonds, in den bereits 21.400,- DM eingezahlt sind.
Die Abteilung Aus- und Fortbildung organisiert im Januar zusammen mit der Zukunftsaktion Kohlengebiete e.V.
und der RBAG eine Gemeinschaftsaustellung in der Maritim-Flughafengastronomie Münster/Osnabrück in
Greven. Die Eröffnung übernimmt Frau Christina Riesenbeck, Landrätin des Kreises Steinfurt.
Im Februar gefährden massive Gasaustritte im Schacht 11 und in Teilbereichen des Schachtumtriebes auf der
7. Sohle den gesamten Förderablauf. Die Gasaustritte werden auf der 4. Sohle mit 12% CH4 und unterhalb der
4. Sohle sowie auf der 7. Sohle mit 4,5% CH4 an zwei Dämmen festgestellt. Die Ursache liegt in einer
ausgeprägten Tiefdruckwetterlage, bei der wegen des hohen Druckunterschiedes Gas aus alten Grubenbauen
in die benutzten Grubenräume dringt. Die Förderung in Schacht und Umtrieb muß vorübergehend stillgelegt
werden. Abhilfe schaffen sofort in die Wege geleitete gezielte Verfüllarbeiten. Gasaustritte - wenn auch in
weitaus geringerem Umfang - hat man in der Vergangenheit in diesem Bereich bereits einige Male
beobachtet.
Insgesamt laufen nun für die Auffahrung von Flözstrecken in den letzten Jahren im Durchschnitt ständig 2-3
Teilschnittmaschinen. In einem Gewinnungsbetrieb setzt man erstmalig am Strebübergang zur Bandstrecke
eine sog. Keuzrinne ein. Diese verbindet Streb- und Streckenförderer, wobei beide Ketten durch die Rinne
laufen.
Strebteilkühler im Baufeld Blumenthal werden neuerdings mit Kaltwasser aus der an Schacht 7 stehenden
Großkälteanlage versorgt und arbeiten so effektiver. Der Förderturm des Schachtes 6 an der Herner Straße
erhält im Mai - abweichend von den bisherigen Gepflogenheiten - einen gelb-rot-grün-blauen Anstrich. Es soll
nicht das letzte bunte Schachtgerüst sein.
Im Berichtsjahr werden die Arbeiten zur Automatisierung der Förderung im Schacht An der Haard 1
abgeschlossen. Der Schacht hat - abgesehen von der Kohlenförderung - alle Funktionen eines
Tagesschachtes.
Der Schacht Ewald Fortsetzung 2 hat keine Funktionen mehr
und wird verfüllt.
An Schacht Blumenthal 3/4 beginnen die Aktivitäten für den
Bau einer neuer Grubenlüfteranlage.
Im Bereich des Blumenthaler Feldes laufen
Explorationsarbeiten in den Flözen Finefrau und Gustav.
Dringende Reparatur- und Anfertigungsaufträge des
Grubenbetriebes im Bereich des Baufeldes 2/6 wurden bisher
in in der sog. "Gemba"-Werkstatt erledigt; diese wird nun in
den Gesamtwerkstättenbetrieb eingebunden.
In den Monaten März und April entwickelt man ein
Standard-Konzept für die "KAIZEN"-Umsetzung in den
Betrieben. Danach wird jeweils nach mehrtägigen "Workshops" Bilanz gezogen. Zur Qualitätssicherung erfolgt
3 Wochen nach dem Start ein Check up mit einer Nachbefahrung. Dies ist Aufgabe der "Paten" (aus dem
festen "KAIZEN"-Team) und der "Lotsen" (aus den jeweiligen Betriebspunkten). Im ersten Halbjahr werden so
weitere 10 "Workshops" durchgeführt.
Die Arbeit des "BLIZ"-Teams erweist sich als recht effektiv. Mit der Zahl der eingereichten
Verbesserungsvorschläge nimmt das Bergwerk Blumenthal/Haard deutlich den Spitzenplatz im Konzern ein.
Die Bergbauberufsgenossenschaft Bochum richtet auf der Anlage Blumenthal 3/4 auf ihre Kosten eine
"Rückenschule" ein. Den Trainer stellt die Universität Bochum. Wöchentlich finden über einen Zeitraum von zwei
Monaten 2x2 Übungsstunden statt mit dem Ziel, Rückenprobleme aufzuzeigen und die Teilnehmer für die
Gesunderhaltung von Rücken und Wirbelsäule zu sensibilisieren.
Bei der Anlieferung und Verarbeitung von Baustoffen unter Tage gibt es eine bedeutende Verbesserung.
Überall dort, wo Baustoff aus betrieblichen oder technischen Gründen nicht pneumatisch über Blasleitungen
gefördert werden konnte, mußte dieser bisher in Sackware oder in Großsäcken angeliefert werden. Das
brachte schwere körperliche Arbeit beim Schleppen der Säcke oder Bewegen der Transporteinheiten. Nun
erfolgt der erfolgreiche Abschluß eines Forschungsvorhabens und mit ihm die Einführung einer neuen Technik.
Der Baustoff wird lose in EHB-Transportbehältern angeliefert und mit einem Sauger direkt dem Betonmischer
zugeführt. Den von Ingenieuren des Bergwerks Blumenthal/Haard gemeinsam mit der Firma GTA
Maschinensysteme (Hamminkeln) entwickelte Sauger bedient nur 1 Mann. Neben dem Wegfall eines großen
Teils der "Knochenarbeit" rechnet man bei der neuen Technik mit einer jährlichen Kosteneinsparung von etwa 2
Millionen DM.
Im Transportbereich unter Tage sind einige der verwendeten EHB-Dieselkatzen als sog. "Quadrokatzen"
konstruiert. Dabei handelt es sich jeweils um eine Dieselkatze mit 4 aufgeteilten Antrieben. Die Fahrantriebe
umrahmen praktisch die zu transportierenden Lasten und vermeiden so unerwünschten Schrägschubbetrieb. Im
November beginnt man im Altfeld mit der Auffahrung eines Flözberges in Flöz Johann in reinem Ankerausbau,
wobei aus Sicherheitsgründen in der ersten Phase ein Unterstützungsausbau ohne Hangendkontakt mitgeführt
wird. Dem gingen umfangreiche Untersuchungen des Flözhangenden voraus.
Mitte dieses Monats gibt es noch einmal richtigen Ärger. Die seit wenigen Wochen aus der Bergaufsicht
entlassene und nun im Besitz des Kommunalverbandes Ruhrgebiet (KVR) befindliche Bergehalde in der
Oer-Erkenschwicker Innenstadt ist mit Problemabfällen verseucht. Konkrete Zeugenaussagen haben die Sache
ins Rollen gebracht. Zwei Steiger des Verbundbergwerks Blumenthal/Haard sollen in der Zeit zwischen 1991
und 1994 zugelassen haben, daß einige Firmen Sondermüll wie Farben, Lacke, Ölfässer, asbesthaltige Abfälle
und auch Tierkadaver auf der Halde abkippen konnten. Die beiden Steiger hätten nach nicht bestätigten
Gerüchten 500,- DM pro "Lieferung" erhalten. Sie befinden sich wegen Verdunkelungsgefahr seit dem 17.
November in Untersuchungshaft, wie auch eine Transportunternehmerin aus Oer-Erkenschwick, die die
Anlieferung des illegal entsorgten Abfalls zu verantworten haben soll. Dazu erklärt Bergwerksdirektor Karl-Hans
Gärtner: "Wir werden den Behörden bei ihren Untersuchungen zur Seite stehen".
Im November übernimmt Dr.med. Norbert Brosch die Leitung der Arbeitsmedizinischen Dienststelle des
Bergwerks Blumenthal/Haard.
Am 01. Dezember wird Bergwerksdirektor Karl-Hans Gärtner 50 Jahre alt. Im Fortbildungszentrum Blumenthal
2/6 an der Herner Straße finden sich etwa 170 Gratulanten ein, unter ihnen namhafte Vertreter der Stadt
Recklinghausen und Herren von bekannten Zulieferfirmen. Ass.d.Bergf. Wilhelm Baumgärtel, der derzeitige
Betriebsdirektor für den Produktionsbereich, hält die Laudatio.
Ihm schließen sich Dr.-Ing. Karl Friedrich Jakob vom Vorstand der Ruhrkohle AG und der Betriebsdirektor für
das Personal- und Sozialwesen Bernd Zwingmann an. Dr. Jakob hat selbst bis Ende 1982 auf dem Bergwerk
General Blumenthal als Obersteiger Dienst getan. Eine harmonische Feier, zu der auch eine kleine Band
aufspielt.
Dann werfen kommende große Ereignisse ihre Schatten voraus: Die "Recklinghäuser Zeitung" berichtet in ihrer
Ausgabe vom 09. Dezember von anlaufenden Vorbereitungen für das am Pfingstfest 1998 stattfindende
125-jährige Jubiläum des Bergwerks General Blumenthal, heute unter dem Namen Blumenthal/Haard. Es soll -
so Bergwerksdirektor Karl-Hans Gärtner - nicht das letzte sein: "Wir haben vor, diese Tradition noch lange
fortzusetzen". In den Baufeldern Blumenthal, Haltern und Haard sieht man noch abbauwürdige Reserven von rd.
85 Mio Tonnen. Die reichen nach Schätzung von Personaldirektor Bernd Zwingmann bis zum Jahr 2060.
Man trifft sich zu einer ersten "Elefantenrunde". Personaldirektor Zwingmann hat am 08. Dezember die Spitzen
der Stadtverwaltung sowie der Polizei, der Feuerwehr, des örtlichen DRK und der Vestischen Verkehrsbetriebe
zu Gast. Die zweitägige Feier wird voraussichtlich mehr als 50.000 Besucher sehen. Eine ganze Region soll
auf Recklinghausens Straßen feiern. Ein Riesenprogramm ist dabei geplant. Grubenfahrten werden angeboten
- auch für Kinder. Daneben sollen Hubschrauberflüge und Dampflokfahrten das Fest umrahmen. Entlang der
Herner Straße werden Zelte sowie Verkaufs- und Informationsstände stehen. Die Grubenwehr will einen 10 km
langen Volkslauf organisieren. Pendelbusse sollen die Bürger von den umliegenden Gemeinden
herzubringen.
Eine erste historische Bergbauausstellung eröffnen am 08. Dezember Bergwerksdirektor Karl-Hans Gärtner
und Sparkassendirektor Klaus Bresser in der Kundenhalle der Stadtsparkasse am Königswall. Die gut
besuchte Ausstellung unter dem Titel "125 Jahre Bergwerk Blumenthal/Haard" läuft bis zum 08. Januar 1998.
Dies soll auch ein kleines Dankeschön an die Menschen in dieser Region sein, die die Bergleute im Kampf um
ihre Arbeitsplätze in den ersten Monaten des Jahres unterstützt haben - so Personaldirektor Bernd
Zwingmann.
Am 3./4./17. und 22. Dezember schrecken Erdstöße die Bevölkerung auf. Die Stärke der "Beben" liegt
zwischen 1,0 und 1,4 auf der Richterskala. Kleinkram also für die Experten. Das Zentrum wird im Nordwesten
der City etwa unter dem VHS-Gebäude auf dem Herzogswall lokalisiert. Verursacher ist der ca. 1.000 m unter
dem Bereich Herzogswall, Elper Weg und Dorstener Straße umgehende Abbau in Flöz Johann im Baufeld B 1
Nord.Über dem Flöz liegt eine mächtige Sandsteinschicht, die nun mehrfach gebrochen ist. Diese Schicht ist
glücklicherweise brüchig, sodaß sich keine größeren Spannungen beim Abbau aufbauen können. Unter und
über Tage werden keine Schäden registriert. Bereits am 06. Februar d.Js. hatte man um die Mittagszeit zwei
Erdstöße etwa gleicher Stärke registriert.
Am 18. Dezember gibt es auf der 3. Sohle des Schachtes Haltern 1/2 einen tragischen Unfall. Ein 39-jähriger
Mitarbeiter der Firma Hofmeister aus Herne kommt bei der Fahrung mit einem geschulterten Ankerrohr an den
Fahrdraht, der unter einer Spannung von 750 Volt Gleichstrom steht. Der Arzt kann nur noch den Tod des
Mannes feststellen.
Natürlich will man das Ergebnis des kommenden Jubiläumsjahres besser gestalten, als das im Berichtsjahr
möglich war. Das aber wird schwierig werden. Die notwendige Kosteneinsparung in Höhe eines zweistelligen
Millionenbetrags und die vorgegebene Reduzierung auf nur noch 4 Gewinnungsbetriebe sind eine schwere
Bürde auf dem Weg.
Am 31. März geht der Betriebsdirektor für das Personal-und Sozialwesen, Manfred Köppler, nach 42
Berufsjahren in den Ruhestand. Seinen Aufgabenbereich übernimmt ab 01. April Bernd Zwingmann, der von
der Hauptverwaltung der IGBE in Bochum kommt.
Im Mai des Jahres erhält die Sternwarte im Stadtgarten ein computergesteuertes Spiegelteleskop. Die
Ausbildungsabteilung des Bergwerks unterstützt die "Freunde der Volkssternwarte Recklinghausen e.V.", die
nun die Einrichtung in eigener Regie betreiben und hilft bei der Installation des Stahlpodestes mit Arbeitskraft
und Material zum Nulltarif.
Die Auszubildenden erhalten im August anläßlich des Sommerfestes hohes Lob für ihre Arbeit vom Werkschef
Karl-Hans Gärtner persönlich.
Die Stadt Recklinghausen hat massive Finanzprobleme. Der amtierende Stadtkämmerer Achim Dionisius muß
deshalb im Juli eine offizielle Haushaltssperre verhängen.
Bei strömendem Regen wird am 01. Juli unter reger Anteilnahme der Bevölkerung der neu gestaltete
Recklinghäuser Bahnhofsvorplatz seiner Bestimmung übergeben. Dieses größte örtliche Bauprojekt seit der
Errichtung des Ruhrfestspielhauses vor mehr als 30 Jahren beinhaltet einen Busbahnhof, eine Tiefgarage,
Ladenlokale (noch nicht alle eingerichtet) und eine Fahrradabstellanlage. Den neuen Busbahnhof werden
künftig 21 Linien der Vestischen, die die Stadt mit den anderen Städten des Kreises verbinden, direkt
anfahren. Die Gesamtkosten des Projekts beziffern sich auf etwa 32 Mio DM. Davon trägt das Land 12 Mio
DM.