Bergmannsverein General Blumenthal
Chronik 1987
Auf dem Weltenergiemarkt hält der Angebotsüberschuß bei niedrigem Preisniveau an. Vom Anstieg des
Verbrauchs um 2% profitieren vor allem Gas und Kernenergie, zum geringen Teil nur Kohle und Mineralöl. Der
Anteil des Mineralöls als nach wie vor bedeutenstem Energieträger im Weltmaßstab ist seit 1980 um 5% auf
38% zurückgegangen. Die Ölvorräte konzentrieren sich weiterhin vor allem auf politisch unsichere Regionen im
nahen Osten. Die Steinkohlenförderung hat sich weltweit seit Anfang der 70er Jahre von 2,2 auf 3,4 Milliarden
Tonnen erhöht. Öl und Erdgas sind billig und zwingen die Kohleproduzenten zum Absatz um jeden Preis. Das
trifft sogar den nordamerikanischen Raum, und auch Südafrika sowie Australien und Polen.
Auch der deutsche Steinkohlenbergbau leidet unter dem Preisverfall und dem weiter rückläufigen Dollarkurs.
Andererseits bringt die billige Importenergie der deutschen Volkswirtschaft erhebliche Vorteile. An dem nur
gering wachsendem Verbrauch an Primärenergie haben Erdgas und Kernenergie hohen Anteil. Mineralöl und
Kohle verzeichnen deutlichen Rückgang.
Der erneut gefallene Erdölpreis hat eine Erhöhung des "Kohlepfennigs" zur Folge, um den Einsatz der
deutschen Kohle in den Kraftwerken zu sichern. Im Bundestag vertreten Ludwig Gerstein, Erwin Stahl, Klaus
Beckmann und die in Recklinghausen gewählten Heinz-Werner Meyer und Horst Niggemeier die Interessen des
Steinkohlenbergbaus.
Helle Empörung lösen Äußerungen des Bundeswirtschaftsministers Dr. Bangemann am 23. März im Revier
aus, der behauptet, Kohle und Stahl seien nicht mehr lebensfähig und stellten eine Gefahr für die gesamte
Wirtschaft dar. Die Hilfen für die Kohle seien volkswirtschaftlich völlig abwegig. Vielerorts finden daraufhin
Straßenversammlungen von Bergleuten und Bürgern gegen die Bonner Kohlepolitik statt. Die
Industriegewerkschaft Bergbau und Energie will eine Steigerung des Kohleverbrauchs durch Drosselung der
Kernenergie erreichen.
Bereits einen Monat vorher hatte der Aufsichtsratsvorsitzende der Ruhrkohle AG, Dr.-Ing. e.h. Rudolf von
Bennigsen-Foerder, vor einem völligen Verzicht auf den deutschen Steinkohlenbergbau gewarnt. Er wies dabei
auf die notwendige sichere Energieversorgung und auf die unsichere Entwicklung der Weltmarktpreise hin.
Staatliche Hilfen für die Steinkohle seien nicht gegen die Marktwirtschaft gerichtet, sie schützten sie vielmehr.
Die Politik forderte er auf, die mit öffentlichen Hilfen zu erbringende künftige Fördermenge klar zu definieren.
Das geschieht in einer erneuten "Kohlerunde" am 11. Dezember, in der festgelegt wird, daß die
Förderkapazität durch Stillegung weiterer Bergwerke bis spätestens 1995 auf etwa 65 Mio t herabzusetzen ist.
Die Anpassung soll sozialverträglich erfolgen. Die Einhaltung des "Jahrhundertvertrages" wird zwar bis 1995
bestätigt, aber nicht mit letzter Sicherheit. Sollte nämlich in der Anschlußregelung oder bereits vorher der
Absatz deutscher Steinkohle an die heimische Elektrizitätswirtschaft reduziert werden, so würde ein weiterer
Kapazitätsschnitt auf kaum über 55 Mio t erforderlich.
Wegen der schwierigen Absatzlage des Steinkohlenbergbaus setzt die öffentliche Hand die
Rückkaufverpflichtungen bei der Nationalen Kohlenreserve um zwei Jahre aus.
Der Preis für deutsche Steinkohle liegt derzeit mit 258 DM je Tonne um das Dreifache höher als der für Kohle
aus den Ländern außerhalb der Gemeinschaft.
Die Ruhrkohle AG steht im Zeichen der vorgenannten Entwicklung. Von der auf 53 Mio t zurückgenommenen
Jahresförderung können nur 52,2 Mio t abgesetzt werden, 5% weniger als im Vorjahr. Die Lieferungen gehen zu
51% an Kraftwerke, zu 41% an die eisenschaffende Industrie und zu 8% an übrige Abnehmer. Die Absenkung
der Förderung erfolgt durch die Stillegung der letzten Dortmunder Zeche, des Bergwerks Minister Stein, mit rd.
2 Mio t Jahreskapazität am 31. März sowie durch 20 Anpassungsschichten und einer Verringerung der
Beschäftigtenzahl um rd. 5.500 auf nun 107.083 Mitarbeiter. Der Einstellungsstop bleibt bestehen.
Die Bestände an Kohle und Koks steigen auf 10,8 Mio t (ohne Nationale Kohlenreserve) - vor allem zu Lasten
des Koksanteils. Die Kokerei Heinrich Robert in Hamm schließt am 31. März. Am 30. September stellt auch die
Kokerei Minister Stein in Dortmund die Produktion ein. Die noch übrigen 8 Kokereien werden an der technisch
möglichen Untergrenze gefahren.
Der im Jahresabschluß als Betriebsergebnis ausgewiesene Gewinn von 38 Mio DM wird insbesondere nur
durch die Auflösung von Sonderposten mit Rücklagen von 40 Mio DM möglich sowie durch die
Produktivitätssteigerung in den Betrieben. Die Untertageleistung liegt nun bei 4,585 tvF/MS.
Zwischen den Bergwerken Friedrich Heinrich und Niederberg erfolgt am 30. März der Durchschlag.
Am 28. Oktober kann die Außenschachtanlage Voerde des Bergwerks Walsum in Betrieb genommen werden.
Die Ruhrkohle AG betreibt noch 20 Bergwerke. Am 02. Mai besucht der Papst Johannes Paul II. während
seines fünftägigen Aufenthalts in der Bundesrepublik das Bergwerk Prosper/Haniel in Bottrop.
Zu Jahresanfang wechselt Dipl.-Ing. Herbert Kleinherne, bis dahin Vorstandssprecher der BAG Lippe, zur
Ruhrkohle AG nach Essen. Sein Amt übernimmt Bergrat a.D. Rainer Kolligs.
Professor Dr. Hermann Georg Griebel, Vorstand für den kaufmännischen Bereich der BAG Lippe, geht in den
Ruhestand. Seine Aufgaben liegen nun in den Händen von Dipl. Kaufmann Hans Messerschmidt. Er war bisher
Leiter der Abteilung Planung und Überwachung bei der VEBA.
Das Bergwerk General Blumenthal wartet im Berichtsjahr mit leicht verbesserten betrieblichen Kennzahlen auf.
Auch das buchmäßige Betriebsergebnis ist deutlich im "grünen Bereich".
Auf der 7. Sohle nimmt man im Februar im 9. Querschlag nach Norden an der bestehenden Ladestelle für die
im Baufeld Haltern aus den Zollverein-Flözen geförderten Kohlen eine separate Gaskohlenladestelle mit Bunker
in Betrieb. Im Mai erfolgt dann die Kohlenartentrennung über 2 Bunker jeweils durch Umkehr der
Laderichtung.
Im Frühjahr übernimmt das Bergwerk 410 Mitarbeiter des stillgelegten Bergwerks Minister Stein in Dortmund.
Am 29. Juni, gegen 10 Uhr, meldet sich telefonisch ein Unbekannter und droht mit der Zündung einer Bombe im
Übertagebereich der Anlage 2/6. Eingeleitete Suchmaßnahmen bleiben erfolglos. Zum Glück geschieht
nichts.
Die Löhne und Gehälter werden aufgrund der ausgehandelten
Tariferhöhung ab 01. August um 2,8% angehoben.
Auf der 3. Sohle Haltern wird im schachtnahen
Batterieladeraum und der Lok- und
Förderwagenreparaturwerkstatt eine Kranbahn von 230 m
Länge eingebaut und im Oktober in Betrieb genommen. Sie
bestreicht so einen wesentlichen Bereich der 320 m langen
Werkstatt.
Im Hinblick auf die beabsichtigte Zusammenlegung der
Bergwerke General Blumenthal und Haard sollen ab 1987
bereits wichtige bergmännische Aktivitäten und
Planungsvorgänge der Nachbaranlage Haard hier
dokumentiert werden.
Im Dezember beginnt man im Baufeld Haard von der 950
m-Sohle aus zum Zweck der Abwetterlösung mit der
Auffahrung eines ca.1 .000 m langen Gesteinsberges zum
Schacht Emscher-Lippe 6.
Am 01. März wird Dr.-Ing. Manfred Bernauer mit dem Aufbau der neu
eingerichteten Abteilung Sonderaufgaben betraut. Er ist nun für die Bereiche
Forschung und Entwicklung, Sonderbohrungen, Grubenwarte sowie für das
Betriebliches Vorschlagswesen und das Berichtswesen zuständig. Die Abteilung
Mechanisierung leitet künftig Dipl.-Ing. Wolfgang Hoppstädter.
Dipl.-Ing. Erich Waschkies übergibt zum gleichen Zeitpunkt die Planungsabteilung
an Fahrsteiger Gerhard Jeuthner und wird in Nachfolge von Dipl.-Ing. Wolfgang
Hoppstädter wieder Leiter der Abteilung Materialwirtschaft.
Am 31. Mai verläßt Maschinen-Obersteiger im Tagesbetrieb, Herbert Hoeck, das
Bergwerk General Blumenthal und wird Maschinen-Betriebsführer über Tage auf
dem Bergwerk Nordstern.
Zum gleichen Zeitpunkt erfolgt die Versetzung des bisherigen Ausbildungsleiters
Dieter Knappmann. Die Leitung der Ausbildungsabteilung liegt nun in den Händen
von Fahrsteiger Paul Graf.
Am 30. Juni wechselt Betriebsführer Alfred Folchmann ins Privatleben. Seinen Aufgabenbereich übernimmt
zum 01. Juli Obersteiger Heinz Kleibrink, der zum Betriebsführer befördert wird.
Mit Ablauf des Monats Juni geht auch Felix Winking in den Ruhestand. Der altgediente Obersteiger begann am
15. Februar 1950 seine Tätigkeit als Lehrhauer auf General Blumenthal.
Der Leiter der Abteilung Arbeitsschutz, Fahrsteiger Dieter Schöning, wechselt am 30. September ins
Privatleben. Er übergibt die Abteilung an Fahrsteiger Werner Drunkenmölle, der dieses Amt jedoch nur kurz
innehat und es dann an Obersteiger Horst Köhler überträgt.
Am 01. Dezember tritt Ass.d.Bergf. Wilhelm Baumgärtel seinen Dienst als Obersteiger auf dem Bergwerk an.
Er ist für den Bereich des Feldes B I an Schacht 6 zuständig.
Am 31. Dezember beendet Dr.-Ing. Manfred Bernauer seine aktive Laufbahn. Er nahm seine Tätigkeit auf
General Blumenthal am 15. August 1956 als Steiger in der Aus- und Vorrichtung im Wetterberg Flöz Gretchen
westlich des 5. Querschlages unterhalb der 7. Sohle auf. Lange Zeit hat er die Abteilung Mechanisierung auf
dem Bergwerk geführt und als leitender Ingenieur die horizontale Kernbohrtechnik unter Tage erfolgreich
weiterentwickelt (s.Chronik 1980).
Günter Bartz gibt den Vorsitz im Betriebsrat an Manfred Grewe ab.